Was hat COVID-19 und Homeoffice verรคndert?
Wenn man sich รผber Corona Gedanken macht, denkt man hauptsรคchlich an den Menschen, doch auch die Tiere leiden unter COVID-19. Wie genau sich der Tierschutz in Coronazeiten verรคndert hat, erklรคrt Tierschรผtzerin und Grรผnderin des Tierschutzvereins โAnimal Respectโ Elke Pichler hier im Interview.
Welche Folgen hat die Pandemie fรผr den Tierschutz?
Elke Pichler: Die Folgen sind umfangreich und betreffen fast alle Bereiche im Tierschutz โ im Inland wie im Ausland. Ich werde hier einige Probleme aufgreifen โฆ die offensichtlichste und gravierendste Folge fรผr den Tierschutz ist allerdings der Rรผckgang der Spenden und der Wegfall von Einnahmen durch Infostรคnde, Flohmรคrkte, Weihnachts- und Ostermรคrkte u.v.m!
Es wurden und werden noch immer viele Haustiere angeschafft. Die Menschen sind im Homeoffice oder fรผhlen sich isoliert und haben sich Tiere gekauft, um ein bisschen Ablenkung zu haben.
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Auf der anderen Seite kรถnnen sich viele Leute in den sรผd- und osteuropรคischen Lรคndern durch den Verlust ihrer Arbeit (z.B. Tourismusbranche) ihre Haustiere nicht mehr leisten und setzen sie aus.
Und durch Ausgangsbeschrรคnkungen oder Sperrzonen, wie z.B. in Spanien und Italien, gibt es massive Einschrรคnkungen (oder hohe Buรgelder) bei der Versorgung der Tiere auf den Straรen.
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Was hat sich durch Corona fรผr den Tierschutz konkret verรคndert?
Elke Pichler: Die Thematik โTierschutzโ ist โ besonders im Ausland โ in den Hintergrund getreten. Wir sehen es u.a. am Beispiel der Tierheime unserer Projektpartner, die z.T. Abmachungen mit den zustรคndigen Gemeinden bzgl. Aufnahme von Fundtieren haben. Da die Tierheime hier einen Job machen, fรผr den eigentlich die Gemeinden bzw. Regionalverwaltungen zustรคndig sind, wurde ihnen vor der Corona-Krise zumindest ein kleiner Teil ihrer Kosten rรผckvergรผtet. Diese Zahlungen wurden nun vielerorts gรคnzlich eingestellt! Allerdings wird trotz grรถรerem Aufkommen von ausgesetzten Tieren von den Tierheimen nach wie vor erwartet, dass sie auch weiterhin Fundtiere (meist auch verletzt oder krank) aufnehmen/von den Straรen holen.
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Ich habe auch schon von einer groรen Nachfrage nach Pferden gehรถrt, die ebenfalls aus dem osteuropรคischen Ausland zu uns kommen.
Werden mehr Tiere seit Corona ausgesetzt?
Elke Pichler: In den sรผd- und osteuropรคischen Lรคndern JA.
Bei uns in Deutschland noch nicht. Die Tierschรผtzer und die deutschen Tierheime rechnen allerdings mit einer hohen Anzahl ausgesetzter Tiere, wenn wieder Normalitรคt einkehrt und die vielen pandemiebedingt angeschafften Tiere dann nicht mehr zu den Lebensumstรคnden passen (z.B. Homeoffice mehr mรถglich, Urlaubsreisen).
Befinden sich ausgesetzte Tiere in Gefahr?
Elke Pichler: Diese Frage muss man klar mit JA beantworten. Sie haben Hunger, Durst, werden angefahren, รผberfahren, mit Steinen beworfen und sind im Sommer der sengenden Sonne ausgesetzt. Die Tiere sind nicht in der Lage, Futter zu finden. Erstens ist das Angebot nicht da und zweitens โ selbst wenn โ haben sie nie gelernt zu jagen. Sie ernรคhren sich dann an den Mรผlltonnen vom Abfall der Menschen. Ausgehungert verzehren sie alles, auch Plastiktรผten, Kronkorken u.v.m.
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Ist es noch mรถglich, Tiere aus dem Ausland nach Deutschland zu bringen?
Elke Pichler: Wie bei den Hilfslieferungen ins Ausland ist es besonders durch die Quarantรคnebestimmungen fรผr privat Reisende fast nicht mรถglich, Tiere aus dem Ausland nach Deutschland zu vermitteln. Denn viele Vereine, die sich im Ausland engagieren, fuhren frรผher mit eigenen Transportfahrzeugen. Die Organisationen, die es sich leisten kรถnnen, greifen auf sog. Landtransporte von gewerblichen Transporteuren fรผr Hunde und Katzen zurรผck, die keinen Quarantรคnebestimmungen unterliegen.
Flugpaten, die โvor Coronaโ fรผr wenig Geld Tiere auf ihr Ticket buchten und nach Deutschland brachten, gibt es schon seit langer Zeit nicht mehr, hier ist auch keine wirkliche Besserung in Sicht.
Droht jetzt wรคhrend Corona den Stadttauben der Hungertod?
Elke Pichler: Nicht nur den Stadttauben, auch anderen Vรถgeln in der Stadt. Viele leben von weggeworfenem Essen. Oder dem, was in den Auรenbereichen der Gastronomie auf den Boden fรคllt. Manche Stรคdte (z.B. Nรผrnberg) haben daher das Fรผtterungsverbot sogar ausgesetzt. Der Tierschutzverein darf an bestimmten Plรคtzen zu bestimmten Zeiten fรผttern.
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Was wird nach Corona passieren?
Elke Pichler: In Deutschland werden die Tierheime wohl mit einer groรen Welle ausgesetzter oder bestenfalls abgegebener Tiere รผberrollt werden.
Was wird im Tierschutz bevorzugt: Patenschaften, Futterspenden oder Geldspenden?
Elke Pichler: Am flexibelsten einsetzbar sind fรผr alle im Tierschutz Aktiven die Geldspenden. Sie kommen immer da zum Einsatz, wo es gerade aktuell โbrenntโ. Geldspenden halten uns den Rรผcken frei, um unmittelbar einem Tier in Not helfen zu kรถnnen. Aber auch Patenschaften und Futterspenden helfen unseren Projektpartnern und damit natรผrlich den Tieren direkt.
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